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Alkohol am Arbeitsplatz

Letzte Aktualisierung: 01/06/2016 | Arbeitsplatz

Definition, Erklärung

Die Statistiken sprechen eine alarmierende Sprache: 10 bis 30 Prozent der Arbeitsunfälle ereignen sich unter Alkoholeinfluss. Alkoholkranke fallen durch 16mal häufigere Fehlzeiten, 2,5mal häufigere Krankmeldungen, 3,5mal häufigere Arbeitsunfälle und um 25 Prozent reduzierte Arbeitsleistung gegenüber ihren Kollegen auf. 5 Prozent aller Beschäftigten gelten als alkoholsüchtig und weitere 10 Prozent als stark gefährdet. 11 Prozent der Beschäftigten trinken täglich Alkohol am Arbeitsplatz, 41 Prozent gelegentlich.

Alkoholgenuss vermindert die Aufmerksamkeit, setzt die Kritikfähigkeit herab, senkt das Seh- und Reaktionsvermögen und führt zu Überschätzung. Es folgen Störungen des Gleichgewichtsinns, der Koordination von Armen und Beinen und fehlende Feinmotorik der Hände. Langfristig führt erheblicher Alkoholgebrauch zu Organschädigungen. Deshalb handelt es sich bei Alkoholismus um eine Krankheit, die durch Ärzte und Fachleute behandelt werden muss.

Besonders gefährdet sind Berufe, in denen ein hoher Flüssigkeitsbedarf notwendig ist, wie in staubigen und warmen Arbeitsumgebungen und körperlich schweren Arbeiten. Aber auch Menschen in besonderen Stressberufen und Stresssituationen sind betroffen, z.B. Aussendienstler, IT-Fachkräfte, Manager.

Seitens des Arbeitsrechts gibt es kein absolutes Alkoholverbot. Der Mitarbeiter kann Alkohol konsumieren, solange er seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht verletzt.

Tipps, Checkliste

    Für den Vorgesetzten

  • Seien Sie sensibel hinsichtlich einer Alkoholsucht in Ihrem Umfeld
  • Als Führungskraft gehört es zu Ihren Aufgaben, sich des Problems anzunehmen, da es Auswirkungen auf den Arbeitsalltag hat
  • Zeigen Sie Hilfsangebote auf
  • Kündigen Sie Ihrem Mitarbeiter, wenn er sich weigert, trotz nachgewiesener Alkoholerkrankung eine Entziehungskur zu machen
  • Überlegen Sie, inwieweit ein Alkoholverbot in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsanweisungen Sinn macht und wie Sie das heimliche Trinken einschränken können
  • Achten Sie darauf, ob Gefahr für andere Arbeitnehmer und den Alkoholisierten besteht. Ist das gegeben, schicken Sie ihn sofort nach Hause. Für diese Zeit können Sie die Lohnfortzahlung verweigern. Außerdem können Sie eine Abmahnung erteilen und eine Kündigung androhen. In besonders gravierenden Fällen sind Sie zur fristlosen Kündigung berechtigt
  • Fristlose Kündigungen bei alkoholkranken Mitarbeitern erfordern ein längeres Prozedere, in dessen Verlauf auch eine Entziehungskur angeboten werden muss. Erst nach Verweigerung dieser oder nach Rückfall sind Sie tatsächlich zu dieser Maßnahme berechtigt
  • Im Rahmen der Fürsorgepflicht sind Sie verpflichtet, dafür zu sorgen, das der betrunkene Mitarbeiter nicht Auto fährt
  • Thematisieren Sie generell das Problem Alkohol am Arbeitsplatz. Führen Sie Informationsgespräche und zeigen Sie die Konsequenzen für das Arbeitsklima, die Arbeitsleistungen und den Arbeitsschutz auf
  • Sprechen Sie das Problem bei dem betroffenen Mitarbeiter konkret an
    • Führen Sie ein sachliches Gespräch, in dem Sie Ihre Sorgen um den Mitarbeiter zeigen
    • Geben Sie Ihre Beobachtungen wieder (Alkoholfahne, Zittern, unsicherer Gang, Konzentrationsverlust)
    • Zeigen Sie die Konsequenzen des Alkoholgenusses bezüglich des Arbeitsplatzes auf: Fehlende Leistung, Unzuverlässigkeit, Fehlverhalten Kollegen und Kunden gegenüber
    • Halten Sie keine Moralpredigten und verurteilen Sie nicht
    • Lassen Sie sich auf keine Versprechungen ein, sondern definieren Sie klare Maßnahmen mit Zeitvorgaben. Zum Beispiel innerhalb 3 Monaten Verhaltensänderung oder Kontakt mit Suchtberatungsstelle
    • Wenn Sie nach 3 Monaten keine Veränderung feststellen, sollten Sie zusammen mit Betriebsrat und Betriebsarzt ein weiteres Gespräch führen sowie eine schriftliche Verwarnung erteilen
    • Weisen Sie auf einen möglichen Arbeitsplatzverlust durch Kündigung hin
  • Holen Sie sich Unterstützung beim Betriebsarzt oder, wenn vorhanden, bei einem Suchtbeauftragten/Suchtberater
  • „Vertagen“ Sie das Problem nicht durch Abwarten oder eine Versetzung des betroffenen Mitarbeiters
  • Bewahren Sie strengste Vertraulichkeit
  • Lassen Sie sich beraten. Es gibt eine Fülle von arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die bei dem Umgang mit Alkoholkranken zu beachten sind, bis Sie tatsächlich eine Kündigung aussprechen können
  • Trotz Alkoholverbot sind Sie nicht berechtigt, Alkoholtests durchzuführen. Dazu benötigen Sie die Einwilligung des Mitarbeiters
  • Achten Sie auf die Einhaltung des Alkoholverbots und weisen Sie die Mitarbeiter immer wieder darauf hin
  • Führen Sie die Gespräche mit Zeugen
    Für die Kollegen

  • Zeigen Sie dem Alkoholisierten oder Alkoholkranken gegenüber kein Mitleid
  • Feiern Sie nicht mit Alkohol. Wenn in Ihrem Umfeld alkoholkranke oder alkoholgefährdete Kollegen sind, sollten Sie darauf achten, sie nicht zum Alkohol trinken zu verführen, d.h. Geschäftsessen, Betriebsfeiern, Betriebsausflüge und Incentivemaßnahmen ohne Alkohol
  • „Decken“ Sie Ihren Kollegen nicht, indem Sie ihm Arbeit abnehmen oder vor dem Chef in Schutz nehmen. Dieses Verhalten wird als „Co-Abhängigkeit“ bezeichnet. Sie fördern damit die Selbsttäuschung des Betroffenen, nehmen ihm Eigenverantwortung ab und fördern sogar seine Sucht
  • Wenden Sie sich an Suchtberater und Betriebsärzte
    Für den Betroffenen

  • Im Vorstellungsgespräch müssen Sie Fragen nach Ihren Trinkgewohnheiten nicht beantworten. Sie dürfen aber bei der Frage nach Krankheiten eine Alkoholerkrankung nicht verschweigen. Können Sie aufgrund Ihrer Sucht die vertragliche Leistung nicht erbringen oder gefährden Andere, müssen Sie dieses sagen
  • Bei Verletzung eines Kollegen im betrunkenen Zustand haften Sie, wenn Sie vorsätzlich handeln. Ansonsten haftet die Berufsgenossenschaft
  • Wenden Sie sich an Suchtberater und Betriebsärzte

Arbeitsrecht, Urteile

Informationsquellen

Literatur