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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Letzte Aktualisierung: 19/03/2023 | Arbeitsleben, Einkommen

Definition, Erklärung

In der Bundesrepublik Deutschland haben alle Arbeitnehmer und Auszubildenden unabhängig von ihrer Arbeitszeit im Krankheitsfall, bei einem Arbeitsunfall oder einem sonstigen Unfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zu einer Dauer von 6 Wochen. Dies ist geregelt im Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall. Voraussetzung für den Anspruch im Krankheitsfall ist, dass das Arbeitsverhältnis vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit mindestens 4 Wochen ununterbrochen besteht. Zur Arbeitsunfähigkeit zählt auch der stationäre Kuraufenthalt in einer Rehabilitations- bzw. Vorsorgeklinik. Voraussetzung ist die medizinische Notwendigkeit und die Bewilligung durch einen Sozialleistungsträger.

Die Dauer für den Bezug beträgt maximal 6 Wochen mit 100 % des Arbeitsentgelts. Die Arbeitsunfähigkeit muss unverschuldet sein, d.h. in Fällen von Trunkenheit, pflichtwidrigem Verhalten, tätlicher Auseinandersetzung, Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften und Missachtung ärztlicher Anordnungen wird kein Entgelt gezahlt.

Nach den 6 Wochen bzw. 42 Tagen mit Zahlung des vollen Einkommens durch den Arbeitgeber, zahlt die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld in Höhe von 70 % über einen Zeitraum von maximal 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Krankheit. Danach erfolgen Rentenzahlungen bzw. – sofern vorhanden – Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit sind von den Leistungen Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten.

Der Gesetzgeber unterscheidet Fälle von Fortsetzungserkrankung, d.h. zeitnahe Erkrankung an demselben Leiden, und Wiederholungserkrankung bei verschiedenen. Bei der Fortsetzungserkrankung hat der Arbeitgeber in der Regel nur einmal die 6 Wochen Einkommen zu bezahlen. Die Entgeltfortzahlung wird ein zweites Mal fällig, wenn zwischen den beiden Erkrankungen mindestens 6 Monate gearbeitet wurde oder seit Beginn der ersten Erkrankungsphase mindestens 12 Monate vergangen sind. Grundlage für die Berechnung des Einkommens ist der Durchschnitt aus den letzten 3 vollen Kalendermonaten ohne Überstunden, Erfolgsbeteiligungen und sonstige Sonderzahlungen. Vermögenswirksame Leistungen, Zulagen für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie Provisionen zählen dagegen zum Einkommen und werden daher auch im Krankheitsfall bezahlt. Wird in der Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Betrieb in Kurzarbeit gearbeitet, findet bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung die verkürzte Arbeitszeit Berücksichtigung.

Auch im Falle eines gesetzlichen Feiertags ist das normale Einkommen wie an einem Arbeitstag zu entrichten. Bleibt der Arbeitnehmer vor oder nach dem Feiertag der Arbeit unentschuldigt fern, besteht kein Anspruch auf Entgelt.

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bei einem Arbeitskampf oder Streik, Ausfall der Arbeit aus Witterungsgründen oder bei Insolvenz.

Das Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung, auch Aufwendungsausgleichsgesetz oder AAG genannt, regelt die Erstattung von Entgeltfortzahlung durch die Krankenkassen, die der Arbeitgeber z.B. für Fehlzeiten aufgrund von Krankheit bzw. Schwangerschaft geleistet hat. Hierbei handelt es sich um ein Umlageverfahren.

Tipps, Checkliste

  • Melden Sie sich mündlich oder schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber unverzüglich arbeitsunfähig und teilen Sie ihm die voraussichtliche Dauer mit. Eine Unterrichtung über die Art der Erkrankung und der Symptome ist nicht nötig, außer wenn Maßnahmen ergriffen werden müssen, um Dritte zu schützen. Unterbleibt die rechtzeitige Anzeige der Arbeitsunfähigkeit, können Schadensersatzansprüche durch den Arbeitgeber geltend gemacht werden
  • Reichen Sie spätestens am ersten Werktag nach 3 Kalendertagen Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung beim Arbeitgeber ein. Der Arbeitgeber kann im Einzelfall diese auch früher verlangen. Wird der Nachweispflicht nicht entsprochen, darf der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung vorerst verweigern. Sobald die Bescheinigung vorgelegt wird, ist diese Leistung rückwirkend zu erbringen
  • Zahlt der Arbeitgeber das vorgeschriebene Einkommen über den Zeitraum von 6 Wochen nicht, können Sie bei Ihrer Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld beanspruchen
  • Unachtsamkeit ist kein Grund, um den Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu verlieren. Im Streitfall muss der Arbeitgeber das Verschulden darlegen und beweisen
  • Erkranken Sie im Ausland gilt die Anzeigepflicht und Nachweispflicht in gleichem Maße. Außerdem müssen Sie Ihre Adresse am Aufenthaltsort mitteilen. Informieren Sie neben dem Arbeitgeber auch Ihre Krankenkasse
  • Kommen Sie Ihrer Anzeige- und Nachweispflicht nach, sonst ist der Arbeitgeber im Wiederholungsfall berechtigt, nach einer vorausgegangenen Abmahnung die Kündigung auszusprechen
  • Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen kann durch den Arbeitgeber angefordert werden, wenn Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit bestehen. Das ist der Fall, wenn Sie besonders häufig, auf kurze Dauer oder bevorzugt am Ende oder Anfang der Woche/des Urlaubs erkranken
  • Die Pflicht zur Entgeltfortzahlung bleibt bestehen, auch wenn ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat. Der Arbeitgeber hat erstmal keinen Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitnehmer unfallbedingt ausfällt. Auf den Arbeitgeber geht allerdings der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen unfallbedingten Verdienstausfalls im Wege der cessio legis (§ 6 EFZG) über, soweit der Arbeitgeber Lohnfortzahlung geleistet hat. Der Arbeitgeber kann dann Schadensersatz vom Dritten verlangen
  • Erkranken Sie wärend des Freizeitausgleichs entstehen keine Ansprüche. Bei einer Erkrankung während des Urlaubs werden die Krankheitstage auf den Urlaub nicht angerechnet

Arbeitsrecht, Urteile

Informationsquellen

Literatur