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Interessenausgleich bei Betriebsänderung

Letzte Aktualisierung: 29/04/2014 | Insolvenz

Definition, Erklärung

Im Rahmen einer Betriebsänderung, wie z.B. bei Stilllegungen eines Betriebs, einer Fusion mit anderen Unternehmen oder Restrukturierungsmaßnahmen kann neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Sozialplan ein Interessenausgleich erfolgen. Beide sind mit dem Betriebsrat zu verhandeln. Der Interessenausgleich definiert Art und Ausmaß der betrieblichen Einschnitte im Gegensatz zum Sozialplan, der Art und Ausmaß der Entschädigung der Mitarbeiter festlegt. Damit gibt der Interessenausgleich Antworten auf Fragen, wie

  • warum ist die Betriebsänderung nötig?
  • wie sind die wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer möglichst gering zu halten?
  • was soll sich ändern?
  • wann erfolgt die Veränderung?
  • in welchen Schritten wird die Veränderung durchgeführt?

Inhalte des Interessenausgleichs können sein:

  • zeitlicher Ablauf der Betriebsänderung und Termine für Entlassungen
  • Umfang und Inhalt der Betriebsänderung, wie Freistellungen, Kündigungen, Kurzarbeit
  • Zahlung von Zulagen bei Verbleib bis zur Schließung
  • Einführung einer transparenten Personalplanung, insbesondere die Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer
  • Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
  • Regelungen zur Umschulung und Qualifizierung
  • Aufgabenverlagerung, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, Schaffung einer Beschäftigungsgesellschaft
  • Regelungen für Versetzung und Entlassung
  • Anzahl und Namensliste der zu kündigenden Mitarbeiter (letzteres bei Interessenausgleich mit Namensliste)

Tipps, Checkliste

  • Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bei jeder Betriebsänderung verpflichtet, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln. Erfolgt keine Einigung, kann der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit bzw. eine Einigungsstelle eingeschaltet werden. Kommt es auch hier zu keiner einvernehmlichen Regelung, entscheidet die Einigungsstelle über den Sozialplan. Der Interessenausgleich kommt dann nicht zustande, die Unternehmensleitung kann die geplante Betriebsänderung in ihrem Sinn durchführen
  • Unterlässt der Arbeitgeber dieses Vorgehen und versucht nicht, ernsthaft einen Interessenausgleich zu erzielen, können die Arbeitnehmer bei betriebsbedingten Entlassungen in Folge der Betriebsänderung auf Zahlung einer Abfindung klagen, im sogenannten Nachteilsausgleich
  • Der Interessenausgleich ist gemäß § 112 BetrVG schriftlich niederzulegen
  • Bei einer Betriebsänderung ist der Betriebsrat frühzeitig und vollständig zu informieren. Er ist in die Beratungen explizit einzubeziehen bzw. zu beteiligen. Bei Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern steht ihm ein externer Berater zu. Erfolgt die Hinzuziehung des Betriebsrates nicht rechtzeitig oder falsch, kann dies ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 Euro nach sich ziehen
  • Der Interessenausgleich ist wie der Sozialplan vom Unternehmer und vom Betriebsrat zu unterschreiben
  • Verhandeln Sie als Betriebsrat Sozialplan und Interessenausgleich immer gemeinsam und unterschreiben Sie beide gleichzeitig
  • Versuchen Sie als Unternehmer ernsthaft einen Interessenausgleich zu verhandeln und weichen Sie nicht ohne zwingenden Grund davon ab. Ansonsten können die betroffenen Arbeitnehmer einen Nachteilsausgleich einklagen

Arbeitsrecht, Urteile

Literatur