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Gewerbe anmelden und gründen

Letzte Aktualisierung: 14/05/2014 | Existenzgründung, Arbeitsleben

Definition, Erklärung

Unter den Begriff „Gewerbe“ fallen alle selbständigen Tätigkeiten, die nicht zu den freien Berufen oder zu land- und forstwirtschaftlichen Arbeitsbereichen gehören. Ein Gewerbe wird immer in eigener Verantwortung, auf eigene Rechnung und auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung durchgeführt. Hierher gehören selbständige produzierende und verarbeitende Tätigkeiten aus den Bereichen Industrie, Handwerk, Hausgewerbe und Verlagswesen. Auch Verkäufe auf Trödel- und Flohmärkten bzw. Haustürgeschäfte, die zum sogenannten Reisegewerbe zählen, fallen unter den Begriff des Gewerbes. Die Rechtsprechung gibt folgende Definition: Ein Gewerbe ist jede erlaubte selbständige zum Zwecke der Gewinnerzielung vorgenommene nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt wird und kein „freier Beruf“ ist.

In Deutschland unterliegt die Ausübung eines Gewerbes der Gewerbeordnung (GewO). In ihr ist unter anderem die Gewerbefreiheit festgeschrieben. Danach steht es jedem frei – im Rahmen weiterer Gesetze – ein Gewerbe zu betreiben.

Ein Gewerbe anmelden können Sie im Gewerbeamt bei der Gemeinde mit einem Formular. Die Formulare dazu werden meist im Internet online zur Verfügung gestellt und können bereits zuhause ausgefüllt werden. Beim Ausfüllen des Formulars sind Angaben zur Art der selbständigen Tätigkeit bzw. zum Gegenstand des Geschäfts zu machen. Der Vorgang kostet circa 20 bis 30 Euro Gebühr. Man spricht umgangssprachlich von der Erteilung eines Gewerbescheins. Das Gewerbeamt informiert daraufhin die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie das Finanzamt von der Gewerbeanmeldung.

Mit dem Anmelden eines Gewerbes werden Sie automatisch Pflichtmitglied in der IHK (nach § 2 IHKG). Diese Pflichtmitgliedschaft ist für kleine Betriebe kostenlos oder sehr preiswert. Der Mitgliedsbeitrag berechnet sich aus einem Grundbetrag und einer Umlage, die von der Höhe der zu zahlenden Gewerbesteuer abhängig ist. Kleinunternehmen sind beitragsbefreit (siehe § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG), wenn sie nicht im Handelsregister eingetragen sind und ihr Gewinn pro Jahr 5200 Euro nicht übersteigt.

Nach Anmeldung Ihres Gewerbebetriebs erhalten Sie vom Finanzamt einen Fragebogen, in dem allgemeine Angaben zur Person, zum Wohnort und zur Art der Tätigkeit zu machen sind. Außerdem werden folgende Themen abgefragt:

  • Art der Gewinnermittlung
    Bei einem kleinen Gewerbebetrieb (bis zu einem Gewinn von 30.000 Euro jährlich) ist meistens die einfachere Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EüR) angebracht. Bei höheren Gewinnen, bzw. bei Umsätzen oberhalb von 500.000 Euro, besteht kaufmännische Buchführungspflicht
  • Betriebskapital
    Dies ist nur relevant, wenn das Gewerbeunternehmen gleich mit einem großen Warenbestand startet. Ansonsten können Sie die Frage streichen
  • Voraussichtlicher Umsatz und Gewinn im Gründungsjahr und im Folgejahr
    Begriffe: Umsatz = Einnahmen; Gewinn = Einnahmen minus Ausgaben
    Bei einer hohen voraussichtlichen Gewinneinschätzung wird das Finanzamt Einkommensteuervorauszahlungen festlegen. Bedingt durch die Möglichkeiten der Bildung von Sonderabschreibungen und anderen steuerlichen Instrumenten lässt sich womöglich aus Vorsichtsgründen zunächst ein Gewinn von 0,00 Euro erklären
  • Besteuerung als Kleinunternehmer
    Wer bestimmte Gewinn- und Umsatzgrenzen unterschreitet, gilt als Kleinunternehmer. Steuerrechtlich gehört dazu, wer nicht mehr Umsatz als 17.500 Euro (brutto) jährlich erzielt. Kleinunternehmer sind von der Umsatzsteuer-Pflicht befreit. Insgesamt haben sie einen geringeren bürokratischen Aufwand
  • Art der Umsatzbesteuerung (Ist- oder Soll-Versteuerung)
    Wer sich für die Ist-Versteuerung (§ 20 UstG) entscheidet, muss Umsatzsteuerbeträge erst dann abführen, wenn die zugehörigen Rechnungsbeträge auch wirklich gezahlt wurden. Hier ist eine Vorfinanzierung nicht nötig wie bei der Soll-Besteuerung, bei der die Einnahmen bereits beim Termin der Rechnungsstellung versteuert werden. Die Ist-Besteuerung ist in kleinen Unternehmen bis zu einem jährlichen Umsatz von 250.000 Euro zulässig
  • Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID)
    Sie wird gebraucht für Transaktionen zwischen dem Gewerbebetrieb und Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten
  • Geplante Einstellung von Mitarbeitern

Aufgrund der gemachten Angaben vergibt das Finanzamt dann eine neue Steuernummer für die Einkommensteuer. Falls die Gewerbetätigkeit nicht unter die Kleinunternehmerregelung fällt, wird auch eine Umsatzsteuernummer vergeben. Die Einkommensteuernummer sowie die USt-ID müssen im Kopf von Briefen, auf Rechnungsformularen und auf Webseiten angegeben werden. Gewerbetreibende sind verpflichtet, jährlich eine Einkommensteuererklärung (Anlage GSE) und eine Umsatzsteuererklärung auszufüllen.

Tipps, Checkliste

  • Melden und versichern Sie angestellte Mitarbeiter, auch Aushilfskräfte auf 400-Euro-Basis bei der zuständigen Berufsgenossenschaft. Hierdurch werden Sie als Arbeitgeber von einer zivilrechtlichen Haftung als Unternehmer für die gesundheitlichen Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten gegenüber Beschäftigten entbunden
  • Als hauptberuflich Selbstständiger sind Sie von der Versicherungspflicht befreit und können in die private Krankenversicherung wechseln. Damit Sie den für Sie günstigsten Anbieter finden, empfiehlt sich ein kostenloser Vergleich der privaten Krankenversicherung. Wichtig: Achten Sie darauf ein Krankentagegeld abzuschließen, damit Ihr Einkommen auch im Krankheitsfall gesichert ist
  • Wenn Sie hauptberuflich angestellt sind und das Gewerbe im Nebenerwerb betrieben, so muss das Gewerbe dem Arbeitgeber gemeldet und von diesem genehmigt werden. Dies gilt für Angestellte des öffentlichen Dienstes oder Beamte, ferner auch, wenn im Arbeits- und Tarifvertrag entsprechende Klauseln stehen sowie für Bundeswehr- und Zivildienstleistende
  • Als Arbeitsloser müssen Sie vor einer Gewerbeanmeldung das Arbeitsamt von Ihrer Gründungsabsicht informieren. Hier kann eine Förderung der Selbständigkeit mit dem Gründungszuschuss hilfreich sein. Er wird für maximal 15 Monate bezahlt und ist höher als das normale Arbeitslosengeld, da zusätzlich eine Pauschale für Sozialbeträge gezahlt wird
  • Für steuerliche Belange ist relevant, dass der Beginn einer Gewerbetätigkeit nicht am Tag der Erteilung des Gewerbescheins liegt, sondern am Zeitpunkt der Aufnahme der eigentlichen selbständigen Tätigkeit
  • Nutzen Sie die Angebote der Industrie- und Handelskammer (IHK). Als Körperschaft des öffentlichen Rechts ist sie für Gewerbetreibende der Ansprechpartner bei allen Fragen rund um die Existenzgründung, Standortfragen sowie Aus- und Fortbildung
  • Beitragsbefreiung von IHK-Mitgliedszahlungen wird Ihnen als Existenzgründer über einen Zeitraum von zwei Jahren gewährt, wenn Ihr Jahresgewinn 25.000 Euro nicht übersteigt. Außerdem können Sie von einem Umlagenfreibetrag von 15.340 Euro profitieren
  • Ein Gewerbe muss auf die Dauer Gewinn machen. Wenn innerhalb von vier Jahren kein Gewinn erzielt wird, wird das Finanzamt die Tätigkeit zur Liebhaberei (=Hobby) erklären. Es kommt dann zu Rückforderungen von eventuellen Steuereinsparungen und von erstatteter Umsatzsteuer
  • Informieren Sie sich, ob Sie neben der Gewerbeanmeldung für Ihr Unternehmen eine Gewerbeerlaubnis oder Konzession benötigen

Informationsquellen

Literatur